Archiv für Oktober, 2013

Welt der Frau 10/2013

Veröffentlicht: 28. Oktober 2013 in 5 Rezensionen

20130123-193034.jpgHosen runter: Herbert Dutzlers dritter Gasperlmaier- Krimi „Letzte Bootsfahrt“
Der Altausseer Polizist Gasperlmaier ist einer der großen Sympathieträger unter den Ermittlern und Kommissaren im Regionalkrimi. Er ist gar nicht hartgesotten, eher schüchtern und kein Freund großer Veränderungen. In „Letzte Bootsfahrt“ muss er sich mit Leichen befassen, denen der Mörder die Hosen runtergelassen hat. Aber Gasperlmaiers Gemüt leidet auch noch unter einer Kurzreise seiner Frau, der neu erstarkten Lebendigkeit seiner Mutter in Liebesdingen, der Pubertät seiner Tochter und dem Umstand, dass ihn die Reize seiner Liezener Kollegin auf scheue Weise nicht ganz kaltlassen. Herbert Dutzlers dörflicher Mikrokosmos bietet seinem Helden Schutz. Dutzler wirft viele liebevoll-ironische Seitenblicke, verspottet seine Figuren aber niemals. Ihren Charme beziehen seine Krimis auch daraus, dass sein Held eigentlich fürs harte Geschäft der Mordermittlung nicht gemacht ist. Das Land ist bei Dutzler ein Landstrich, in dem es einem nur mit viel Mühe gerade noch manchmal gelingen kann, sich von den Zumutungen des beschleunigten Lebens des 21. Jahrhunderts abzuschotten. (Julia Kospach)

Welt der Frau 10/2013

Veröffentlicht: 28. Oktober 2013 in 4 Presse

Blutspuren an der Lederhose

Provinz- und Heimatkrimis boomen wie verrückt. Was ist so anziehend an der mörderischen Kehrseite der Postkartenidylle?


Es kommt ganz dick im Herzen des Salzkammerguts: Mitten in der Hochsaison wird die Leiche des Hollywoodstars Vera Kaprisky knapp unterm Gipfelwirtshaus des Bad Ischler Siriuskogels gefunden. Pikant an der Sache ist mehreres. Die zu internationalem Filmruhm gelangte Tote stammt aus der Gegend, drehte hier an einer nun gefährdeten Fortsetzung der berühmten Sisi-Filmtrilogie und stand mit einer ganzen Reihe der männlichen Regionalprominenz zwischen Gmunden und Bad Ischl in verdächtig engem Kontakt. Bürgermeister, Kurdirektor, Star-Konditor, Lokalreporter, Bauunternehmer – sie alle und noch einige mehr muss Inspektor Gustl Brandner aus Gmunden anfangs als potenzielle Täter in Betracht ziehen. Auch „Krapfi“, den Wirt in einem von Brandners Gmundener Lieblingslokalen, verbindet ein Jugendabenteuer mit der Ermordeten. „Die Ischler haben sie auf dem Gewissen. Die Kaiserdeppen, die Narrischen!“, schreit denn auch der Exliebhaber erzürnt, und schon ist man mitten drinnen in der alpinen Krimiposse aus der Feder des 39-jährigen Kunsthistorikers Bernhard Barta. „Sissis Tod“ heißt das Buch, das erste aus Bartas neuer Salzkammergut-Krimiserie.

Barta, der zwischen Wien und dem Salzkammergut pendelt, liegt damit voll im Trend. Denn die Provinz, die Kleinstadt, das Dorf und die Berge haben sich in den letzten Jahren zu höchst erfolgreichen Schauplätzen für Kriminalhandlungen gemausert. Die Buchbranche nennt das abwechselnd „Regio-“, „Provinz-“, „Alpen-“ oder „Heimatkrimi“. Allgäu und Ausseerland, Wolfgangsee und Niederbayern, Garmisch-Partenkirchen und Steiermark, Ostfriesland und Schneeberg, Sylt und das oberbayrische Miesbach – wenn man wollte, könnte man natürlich genauso die höchst erfolgreichen Périgord-Krimis um den knurrigen „Bruno, chef de police“ aus der Feder des Schotten Martin Walker dazurechnen.

Was ist da los? Provinzkrimis schießen wie Schwammerln aus dem Boden. Den ländlich-bodenständigen ErmittlerInnen, PolizistInnen und selbst berufenen SchnüfflerInnen, die dem Verbrechen via TV auf den Fersen sind („SOKO Kitzbühel“, „Vier Frauen und ein Todesfall“, „Der Bulle von Tölz“ etc.), folgen längst schon die RegionalkriminalistInnen in der Literatur.

LUST AN DER HÜTTENGAUDI
Mord und Verbrechen sind der Rahmen, innerhalb dessen zünftig geflucht und am Stammtisch gesessen wird und eine Zeitangabe wie „zwei Leberkässemmeln später“ – aus Rita Falks „Sauerkraut-Koma“ – einen sicheren Lacher einbringt. Den Abgründen hinter der ländlichen Postkartenidylle verdankt sich die Spannung der Heimatkrimis, ihren Charme verleiht ihnen das Lokalkolorit, die Kauzigkeit des Personals und nicht selten das – mit mehr oder weniger Brachialironie – beschworene Klischee. Innerhalb der riesigen Regio-Krimi-Szene gibt es exzellente, mittelmäßige und nach Schema F zusammengekleisterte Storys wie in jedem anderen literarischen Genre auch.

Der persönliche Geschmack der LeserInnen tut das Seine, die Spreu vom Weizen zu trennen. Das Verlagsmarketing passt jedenfalls zum Inhalt: Die Buchcover zeigen Hirschgeweihe, Bierkrüge, Lodenhüte, nagende Biber, Lederhosen, Herzen oder Würstel mit Sauerkraut. Die Buchtitel sind häufig nicht minder einschlägig: „Kuhhandel“, „Hüttengaudi“ oder „Platzhirsch“ wie bei den äußerst politischen Allgäu-Krimis von Nicola Förg, „Steirerherz“, „Steirerblut“ und „Steirerkind“ der Wiener Ex-Werbetexterin Claudia Rossbacher oder „Föhnlage“, „Niedertracht“ und – zuletzt – „Unterholz“ aus der Feder des bayrischen Musikkabarettisten und Krimi-Bestsellerautors Jörg Maurer. Dessen Garmisch-Partenkirchener Ermittler Hubertus Jennerwein trägt noch dazu denselben Familiennamen wie der legendäre bayrische Wilderer Girgl Jennerwein (1848- 1877), der unter mysteriösen Umständen gewaltsam zu Tode kam.

„Irgendwo muss er ja spielen, der Krimi, und weil ich mich im alpinen Raum nun einmal am besten auskenne, habe ich als Schauplatz diesen Ort gewählt. Es handelt sich also bei mir um einen reinen Zufall. Wenn ich in Hamburg aufgewachsen wäre, in Ystad oder in Santa Monica, würde ich meine Kriminalromane dort spielen lassen“, sagt Maurer.

LÄNDLICHE ÜBERRASCHUNG
Jörg Maurers Bücher gehören zu den pfiffigsten, sprachverspieltesten und komischsten in diesem Feld. Einen Grund für den Alpenkrimiboom sieht der Autor darin, „dass die Fallhöhe ab fünfzehnhundert Metern ziemlich groß ist, im wörtlichen wie im übertragenen Sinn“. Denn „Alpen assoziiert der Nichtalpler zunächst einmal mit Urlaub, Entspannung, Sport, Idylle, Kuhglockengeläute. Umso überraschender ist es dann, dass gerade dort ein Verbrechen passiert.“ Mit diesem Spannungsverhältnis spielt gerade Maurer daher besonders gern: Die internationale Auftragskillergruppe, die in seinem jüngsten Alpenkrimi „Unterholz“ auf der entlegenen Wolzmüller-Alm zu einer Art Fortbildungsseminar zusammentrifft und es plötzlich mit einer gesichtszerfressenen Toten aus ihren eigenen Reihen zu tun bekommt, ist natürlich davon überzeugt, dass die örtliche Polizei aus einfältigen Tölpeln und Landeiern besteht. Die Dunkelheit bei Maurer ist „lederhosenschwarz“, die Leute heißen Kuhschnappel und Ganshagel, und ein Holzstamm in einer alten Holzriese wird zum perfekten Vehikel für eine rasante Verfolgungsjagd.

NEUE BESCHAULICHKEIT
Hinter jedem Bierzelttisch kann ein mörderischer Abgrund lauern. Und doch scheint die Welt am Land überschaubarer. Der Erfolg der Regio- und Provinzkrimis ist auch eine Reaktion auf Globalisierung und Wirtschaftskrise, auf Beschleunigung und Zukunftsangst, so lautet eine häufige Erklärung. Das entspricht dem allgemeinen Trend der letzten Jahre zu Landleben, Landidylle und Rückzug ins Beschauliche, wo die Welt vermeintlich noch in Ordnung ist. Und wenn das schon nicht, dann ist es einem wenigstens vertraut: „Der Veränderungsdruck, der Zwang, mit jeder technologischen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung Schritt halten zu müssen, führt zwangsläufig zu Rückwärtsgewandtheit und zu dem Gefühl, es müsse doch irgendwo irgendetwas Stabiles und Bleibendes in unserer Welt geben“, sagt Herbert Dutzler, einer der erfolgreichsten heimischen AlpenkrimiautorInnen.

Der Held seiner Altaussee-Krimis, der Polizist Franz Gasperlmaier, ist der personifizierte Spiegel dieses Sicherheitsbedürfnisses. Gasperlmaier ist meistens vor allem eins – überfordert. Vor dieser Überforderung im Privaten wie im Beruflichen rettet er sich in die Wiederholung. Am liebsten hätte er, „dass alles so bleiben möge, wie es immer war“, sagt sein Erfinder Herbert Dutzler, der als Lehrer in Schwanenstadt lebt und arbeitet. Gleicher Stammtisch, gleiches Wirtshaus, gleiche Frau, gleiche Lederhose, gleicher Ort. In Dutzlers neuem, dritten Gaspermaier-Krimi „Letzte Bootsfahrt“ hat es sein einsilbiger, herrlich unverwechselbarer Held mit Leichen zu tun, denen der Mörder recht unwürdig die Hose über den Hintern heruntergezogen hat.

„Die Leser lieben Dutzlers Krimis“, sagt der Vöcklabrucker Buchhändler Michael Neudorfer, der festgestellt hat, dass viele ganz bewusst nach Krimis mit Regionalbezug suchen: „Dutzler ist der Gefragteste von allen. Da kaufe ich jetzt schon zehnmal so viele Exemplare ein wie bei seinem ersten Krimi 2011.“

KAUZIGE TYPEN
Neben dem Antiglobalisierungseffekt spielt sicher der Wiedererkennungswert eine gewichtige Rolle. „Die Leute lieben es offenbar, die Schauplätze persönlich zu kennen, ob als Einheimische oder Urlauber. Das Identifikationspotenzial ist in den meisten Fällen einfach höher als etwa mit Miami oder Stockholm“, sagt Steiermark- Krimiautorin Claudia Rossbacher. Die bierernsten, klassischen Spionagekrimis nach US-Vorbild, in denen es um internationale Netzwerke geht, sind out. Die Heimat- und Alpenkrimis gehen einen anderen Weg: In ihnen wird das eigene Umfeld wiederentdeckt. „Die Städte gleichen sich immer mehr, sie verlieren nach und nach ihre Eigenheiten. Vielleicht richtet sich deshalb das Interesse auf die Regionen. Man bildet sich ein, dass da noch große Unterschiede herrschen“, vermutet Jörg Maurer. „Sissis Tod“-Autor Bernhard Barta ist davon überzeugt: „Im inneren Salzkammergut findet man die originellsten, kauzigsten Typen. Wenn man über die schreibt, braucht man sich gar nicht mehr so viel selbst einfallen lassen.“

DUMME STÄDTERINNEN
Vielleicht liegt es daran, dass die Stadt und die StädterInnen in den Regio- Krimis auch so gern ihr Fett abkriegen und die Opposition Stadt – Land ordentlich ausgereizt wird. Paradebeispiel dafür ist „Sauerkraut-Koma“, der neue, fünfte Provinzkrimi der bayrischen Bestsellerautorin Rita Falk, 49. Ihr Held, der Dorfpolizist Franz Eberhofer, der gleichermaßen beziehungs- wie teamunfähig ist, aber eine hohe Mordaufklärungsrate vorzuweisen hat, lebt mit kiffendem Vater und schwerhöriger Oma am Familienhof im – fiktiven – niederbayrischen Dorf Niederkaltenkirchen, wird aber nach München zwangsversetzt. Natürlich zieht es ihn bei jeder Gelegenheit nach Haus zurück – zu Omas Essen, zu den Kumpels, zu seinen Spaziergängen mit dem Hund. „Gerade in Bayern ist der Kontrast Stadt – Land recht groß. Man ist sich nicht sehr grün. Das gibt natürlich fürs Schreiben viel her“, sagt Rita Falk, die mit einem Polizisten verheiratet ist und gerade erst selbst vor zwei Jahren vom Land nach München gezogen ist. „Am Anfang in München bin selbst ich mit offenem Mund durch die Stadt gelaufen und hab mich gefragt, ob hier alle verrückt geworden sind“, sagt sie. Die bayrische Provinz, sagt Rita Falk, sei immer noch die Gegend, wo sie sich am besten auskenne. Deshalb spielen ihre Krimis dort. In „Sauerkraut-Koma“ lässt sie ihren Protagonisten im Ende sogar noch nach durchzechter Nacht seinen eigenen Hochzeitstermin auf jenem Hochsitz verschlafen, auf dem er selbst einst gezeugt wurde.

 

Provinzkrimis schießen wie Eierschwammerl aus dem Boden

 

KOCHBUCH INKLUSIVE
Rita Falks in der Ich-Form geschriebene Krimis gehören gemeinsam mit denen von Jörg Maurer und den hochpolitischen, deutlich dunkleren Regio-Krimis von Nicola Förg und Andreas Föhr zu den erfolgreichsten des Genres. Ihre Verkaufszahlen gehen in die Millionen, ihre Bücher erscheinen regelmäßig auf der „Spiegel“-Bestsellerliste, ebenso wie die von Volker Klüpfel und Michael Kobr, die mit ihrem Allgäuer Kommissar Kluftinger Furore machen. Auf der Website des jungen Autorenduos – http://www.kommissarkluftinger. de – findet man nicht nur alles über Bücher, Termine und Verfilmungen, sondern dazu noch „Kluftingers Allgäutipps“, „Kluftis Kochbuch“ oder „Kluftinger-Brettspiele“.

Auch Rita Falk hat ein Buch mit dem Titel „Knödel-Blues – Oma Eberhofers bayerisches Provinz-Kochbuch“ herausgebracht. Es versammelt die Rezepte zu jenen deftigen Gerichten, die ihr Krimiheld Franz Eberhofer täglich von seiner Oma im Familienkreis serviert bekommt. „Die Rezepte stammen alle aus dem Kochbuch meiner eigenen Oma, aus dem sie bis zu ihrem Tod gekocht hat“, erzählt Rita Falk. Die LeserInnen lieben das. Auch im Zusammenhang mit Bernhard Bartas neuem Salzkammergut-Krimi kann man an einem Gewinnspiel um ein „Gustl-Brandner-Wochenende“ im Bad Ischler Viersternehotel teilnehmen, inklusive Kaiserschmarren in der Konditorei Zauner und Bier aus Schloss Eggenberg bei Gmunden. „Ich will, dass die Leser die Landschaft kennenlernen und vielleicht auch hierher kommen. Das ist schon ein Ziel. Die Region profitiert davon vielleicht auch“, sagt Barta.

DIE REGION PROFITIERT
Damit wäre man bei einem weiteren Aspekt des Provinz- und Regio-Krimi- Booms angelangt. Die Krimis lassen sich gut mit Zweitverwertungen verbinden – durchaus auch im Sinne des Fremdenverkehrs. Mit einer Rückzugsbewegung aufs Land habe der Heimatkrimi-Boom wenig zu tun, findet etwa Jörg Mauer, eher mit Gedränge in der Stadt.

Ein Berliner Autor überlege es sich da lieber zweimal, „ob er den einundfünfzigsten oder fünfhundertsten“ Berlin-Krimi schreiben wolle, sagt Maurer. „Da nimmt er doch lieber seinen Schurken und seinen Kommissar an der Hand und fährt mit ihnen hinaus aufs Land. Da ist die Luft frisch, und bei den Verfolgungsjagden kann er die Landschaftsbeschreibung im Sinne des Touristikbüros gestalten.“ Na dann, Prost!

Der Schrecken hält sich in Grenzen

Helga Hanl-Lohn, Inhaberin der Wiener Krimi-Buchhandlung Thrill & Chill, über den Provinzkrimi-Boom und die Frage, warum sich so viele gern beim Lesen von ländlichen Settings einlullen lassen.

Wer sind denn die Käufer von Provinz und Heimatkrimis?
Helga Hanl-Lohn: Es sind in erster Linie Leute, die in der Region, in der der Krimi spielt, Ferien machen. Sie lesen das vorher, nachher oder währenddessen als Urlaubslektüre, die sie ein bisschen auf die Gegend einstimmt. Mir selbst ist es mit Herbert Dutzlers Altaussee-Krimis so gegangen. Ganz prinzipiell kaufen aber alle möglichen Arten von Leuten Provinz-Krimis, 20- bis 60-Jährige, Männer genauso wie Frauen.

Was schätzen die Leser an dem Genre?
Es spielt sicher eine Rolle, dass sich der Schrecken in den meisten Provinzkrimis ja ziemlich in Grenzen hält. Das unterscheidet sie etwa deutlich von vielen skandinavischen Krimis. Man kann danach noch gut schlafen. Auch die Oma kann das lesen, ohne dass ihr ganz anders würde. Mein Eindruck ist, dass auch das Ländliche, das diese Krimis zeigen, sehr geschätzt wird.

Das scheinbar idyllischere Landleben?
Ja. Es erwarten einen kaum Überraschungen. Man weiß, womit man zu rechnen hat. Es geht auch ein bisschen um Stadtflucht und das Eintauchen des Städters in eine Welt, die vermeintlich noch einfach gestrickt ist.

Welche Provinz-, Heimat- oder Alpenkrimiautoren sind für Sie die interessantesten?
Herbert Dutzler mit seinem Dorfpolizisten Gasperlmaier mag ich. In seinem Altaussee ist die Welt zwar noch sehr in Ordnung, aber es gibt doch leise Brüche. Außerdem wirft er einen liebevollen Blick auf die Provinz und die dortige Schrulligkeit. Jörg Maurer arbeitet in seinen Garmisch-Partenkirchen- Krimis mit viel Selbstironie. Sie sind gut geschrieben, und das Spiel mit den Landleben-Klischees ist witzig. Auch Bernhard Aichner mit seinen Krimis um den Totengräber Max Broll und Oskar Feifar, der in „Dorftratsch“ in die 1970er-Jahre zurückgeht, lesen sich gut.

Haben die Provinzkrimis den internationalen Spionagethrillern und Großstadtkrimis den Rang abgelaufen?
Das kann man so nicht sagen. Das sind andere Leser, ein sehr ausgewähltes Publikum. Es ist die breite Masse, die eher auf Regionalkrimis steht. Diese haben sich in den letzten Jahren sehr etabliert. Sie sind leicht konsumierbar und schwimmen auf derselben alpenländischen Welle, wie es die Trachten und Dirndln tun, die wieder so en vogue sind. Ganz klar befriedigen die Provinzkrimis ein Bedürfnis.

Wonach?
Es stört die klassischen Leser nicht, dass die Plots oft nicht sehr raffiniert sind. Sie lassen sich ganz vom ruralen Setting einlullen. Dass das nicht ganz so authentisch ist, ist ihnen auch klar. Aber es hat den Vorteil, dass man sich beim Lesen nicht groß anstrengen muss. Da steht Rita Falk drauf? Dann weiß ich genau, was ich kriege.

„Hartgesottene Ermittlerinnen gibt es in Regio-Krimis nicht”,
so Buchhändlerin Helga Hanl-Lohn. Foto: Studio Huger

Ermittlerinnen gibt es nicht sehr viele in den Regio-Krimis. Verträgt sich die Provinz nicht mit Kriminalbeamtinnen?
Es gibt das schon – und wenn, dann treten Frauen zumeist als weibliche Hälfte eines ohnehin krimitypischen Ermittlerduos auf. Wirklich hartgesottene Ermittlerinnen, die alle Fäden in der Hand halten, passen aber offenbar nicht so richtig aufs Land. Das würde nicht dem traditionalistischen Bild der Region entsprechen. Herbert Dutzler spielt ein bisschen damit – hier sein lieber, langsamer Altausseer Dorfpolizist, da die ganz normal bodenständige Kriminalistin aus Liezen. Die ist einfach ein bisschen schneller als er und wirkt ihm allein dadurch schon überlegen.

Insgesamt klingt es nicht so, als wäre der Provinzkrimi Ihr Lieblingsgenre.
Auf meiner Hitliste steht er nicht ganz oben, nein. Es erscheint aber einfach auch schon zu viel Beliebiges. Nicht jeder, der findet: „Ich bin aus dem hinteren Ötztal, da gibt’s noch nix, da schreib ich jetzt was“, muss dann auch tatsächlich gedruckt werden. Ich mag tolle Plots, die gut geschrieben sind. Zuletzt den feministischen Thriller „Inventurdifferenz“ von Britta Mühlbauer oder Christian Davids Wien- Krimi „Mädchenauge“.

Kriminacht Strengberg am 19.10.2013

Veröffentlicht: 23. Oktober 2013 in 9 Veranstaltungen

20131023-125042.jpg

20131023-125113.jpg

20131023-125121.jpg

20131023-125130.jpg

Fotos von Stefan Kampl

Buchmesse Frankfurt

Veröffentlicht: 12. Oktober 2013 in 2 News

Programmleiter Gorg Hasibeder und Herbert Dutzler

(bei so viel schwarz kann man nicht erwarten, dass auf einem Handy-Foto auch noch die Buchcover erkIMG_0239ennbar sind …)