Der Loser als Schicksalsberg
OÖN Textarchiv 09.11.2012
Der Loser als Schicksalsberg
Krimi I: Zweiter Streich des Schwanenstädters Herbert Dutzler
Von Reinhold Tauber
Nach seinem Debüt „Letzter Kirtag“ führt uns der Lehrer und Krimi-Autor Herbert Dutzler wieder ins Salzkammergut, die Landschaft um Aussee wird zur düsteren Szene, mit Ausstrahlungen bis Bad Ischl. Zwei Tote an einem Vormittag, mit denen man sich amtlich herumschlagen muss? Das ist doch der Gipfel. Das meint nicht nur der Polizei-Inspektor Gasperlmaier in Aussee, sondern auch sein Postenkommandant Friedrich Kahlß, und das meint auch die (wieder) zur kriminalistischen Klärung aus dem Bezirkskommando Liezen hierher kommandierte Frau Doktor Kohlross. Der Gipfel ist nicht nur im übertragenen Sinn einer, sondern auch tatsächlich. Es ist der unwirsche Loser, der über Altaussee dräut. Er wurde in (vorderhand) zwei Fällen auch der Schicksalsberg von Losern im angelsächsischen Wortsinn, die an seinen Schrofen ihr Leben verloren durch fremde Nachhilfe. Die (vorderhand) zwei Leichen an einem Vormittag waren jene von Frauen: eine (in der Chronik der Geschehnisse) ältere, nur mehr in Bruchstücken aufzusammeln, und eine (in der Chronik) jüngere, nicht mehr schön anzuschauen.
Lieber eine Leberkäs’-Semmel
Mit diesen Entdeckungen müssen sich die Kriminalisten jetzt herumschlagen, es werden noch weitere Beschäftigungs-Fälle hinzukommen. Die drei Erwähnten sind die Kerntruppe in Dutzlers Szenario, schon aus „Letzter Kirtag“ bekannt: der Inspektor Gasperlmaier, der lieber eine Leberkäs’-Semmel in der Hand und ein Bierglas in Griffweite hat als Carpaccio auf dem Teller und ein langstieliges Weinglas daneben; der Kommandant Kahlß, der seine letzten zwei Dienstjahre aussitzt mit der täglichen Hoffnung, es unterbreche kein Drama die Berufs-Geruhsamkeit; und die Kriminalistin Kohlross, als Fachfrau dynamisch und als Frau an sich ansehnlich, was den Gasperlmaier im engen beruflichen Kontakt in emotionale Unruhe versetzt. Drum herum: Feuerwehrleute, Rettungsmänner, die Familie Gasperlmaiers, Volk.
Ausgespannt zwischen Ischl und Aussee ist die zuweilen abenteuerliche Klärungsarbeit, spielt in Pädagogen- und Tourismusbereichen, der Loser immer zentraler Punkt. Der Text hurtelt so gschaftig durch die Seiten wie einst das Salzkammergut-Lokalbähnchen durch die Landschaft zwischen Ischl und Salzburg (ewig schad’ drum, der Schmalspur-Schienenstrang wäre heute eine touristische Goldader …). Unterhaltsam, locker, farbig. Schon nach dem zweiten Buch-Streich hat man die Figuren liebgewonnen, denen man sicher später auch noch begegnen wird, denn, wie flucht Frau Dr. Kohlross? „Ich werd’ noch wahnsinnig mit euch Ausseern! Wollt ihr euch gegenseitig ausrotten? Genügt es euch nicht, dass hie und da einer von selbst vom Berg herunterfällt …?“ Es ist anzunehmen, dass ihre Schluss-Ermahnung nach Enttarnen der Täter in diesem Fall wohl wenig Wirkung zeigen mag: „Und schauen Sie mir drauf, dass im Ausseerland nicht so viel gemordet wird!“ Ich nehme an, sie wird wohl auch später wieder von Liezen nach Aussee reisen müssen – zum Leidwesen der Polizisten und zur Freude der Leser. Das Ganze in Summe: Bekömmliche, leichte belletristische Zwischenmahlzeit.